Vor Kurzem habe ich damit begonnen, für meinen mittelalterlichen Halbkreismantel ein Futter anzufertigen. Den
Stoff dafür werde ich aus selbst gesponnener und verwebter
Jacobschafwolle herstellen. Da ich bei diesen Arbeiten inzwischen
immer begeisterter von dieser Wolle wurde, möchte ich sie hier nun
etwas genauer beschreiben.
So sieht das Jacobschaf aus
Die mittelgroßen robusten Tiere fallen
vor allem wegen ihrer eindrucksvollen Hörner auf. Den Kopfschmuck
besitzen beide Geschlechter, wobei weibliche Tiere meist nur zwei
Hörner bekommen, männliche eher vier bis manchmal auch sechs Stück.
Jacobsschafe haben ein braun-weiß oder schwarz-weiß geflecktes
Wollkleid. Zur farbreinen Weiterverarbeitung werden die
unterschiedlichen Wollflocken nach der Schur farblich sortiert.
Geschichte der Jacobschafe
Bei diesen Tieren handelt es sich um
eine sehr alte Schafrasse, deren Name auf den biblischen Jacob
zurückgehen soll. Angeblich lebten bereits vor 4000 Jahren Vorfahren
der Jacobschafe in China und Persien. Nomaden sollen einige der Tiere
nach Afrika gebracht haben. Von dort gelangten sie dann durch
maurische Eroberer bis nach Spanien.
Spanische Seefahrer nahmen im 16.
Jahrhundert gern Jacobschafe als „lebendigen Essensvorrat“ mit
auf ihre Schiffe. So gelangten auch in andere Regionen der damals
bekannten Welt. Jacobschafe sollen auch 1588 an Bord der spanischen
Armada gewesen sein, als diese vor der Englischen Küste unterging.
Einige der Tiere, die es schafften, sich an Land zu retten, siedelten
sich danach dort an.
Im Lauf der Zeit wurde die Population
der Jacobschafe auf dem Europäischen Festland und auch auf der
Britischen Insel immer kleiner, bis sie schließlich vom Aussterben
bedroht waren. Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts fand die Rasse
unter anderem auch in Deutschland genügend Liebhaber, die sich für
deren Erhalt einsetzten. Jetzt hat sich die Anzahl der Jacobschafe
wieder einigermaßen stabilisiert.
Spinneigenschaften der
Jacobschafwolle
Für mein Projekt verwende ich braune Jacobschafwolle im Kammzug vom „Wollschaf“. Die Fasern besitzen
eine Feinheit von 32 bis 34 Micron. Sie haben eine Stapellänge von 8
bis 9 cm. Laut Rassestandard sind etwa 7 bis 18 cm möglich. Die
Spinnfasern fühlen sich griffig und weich an, sind aber etwas rauer
als z. B. Merino. In dem dunklen Kammzug sind wenige weiße
Grannenhaare und auch ein paar Reste von Gras deutlich sichtbar.
Diese zupfe ich teilweise schon vor dem Spinnen oder auch
währenddessen heraus. Das bremst die Verarbeitung ein wenig, finde
ich aber nicht weiter schlimm.
Wolle vom Jacobschaf läßt sich gut verspinnen |
Der Kammzug läßt sich gut verspinnen
und ist auch für Anfänger gut geeignet. Man soll damit auch gut
filzen können, das habe ich selbst aber noch nicht ausprobiert. Ich
verspinne die Fasern im kurzen Auszug, da ich gern einen stabilen
Faden bekommen möchte, der auch die Belastung als Kettfaden beim
Weben aushält. Deswegen kettenverzwirne ich es auch anschließend
noch zu einem dreifädigen Garn. Im Entspannungsbad zeigt sich, daß
noch viel Staub in den Fasern ist, denn das Wasser verfärbt sich
deutlich braun.
Durch das Bad flufft das Garn flufft
noch ein gutes Stück auf. Im Ergebnis kann ich daraus einen Faden
von etwa Fingering Weight herstellen. Da ich für mein Mega-Projekt
(ca. anderthalb Kilo Fasern) meinen Schwerpunkt mehr auf
Schnelligkeit als auf einen schönen Faden lege, hat mein Garn viele
dickere und dünnere Stellen bekommen. Ich bin mir sicher, daß man
auch einen wesentlich gleichmäßigeren Faden daraus spinnen kann,
wenn man etwas sorgfältiger arbeitet, als ich es bis jetzt tat.
handgesponnenes Garn aus Jacobschafwolle |
Wolle vom Jacobschaf verweben
Das ist der absolute Hammer! Ich hab
schon andere handgesponnene Garne für meine Reenactment-Projekte
verwebt (z. B. Merino vom Kammzug und Batt, Steinschaf), aber so toll
wie das Jacobschaf war nichts davon. Ich webe auf meiner 80 cm
breiten Kromski Harfe, die ich auch fast zur vollen Breite bespannt
habe, mit einem 10 dpi (40 Fäden auf 10 cm) Webblatt.
Schon das Aufziehen der Kette verlief
absolut problemlos. Und was mich besonders beeindruckt, ist die
Tatsache, daß die Kettfäden der Beanspruchung durch den Webkamm
super trotzen. Obwohl ich nicht zimperlich mit ihnen umgehe, zeigen
sie so gut wie keine Abriebspuren! Und bis jetzt kam auch noch keine
der dünneren Stellen meiner Kette auch nur in die Versuchung, zu
reißen. In meinen bisherigen Webversuchen mit Schafwolle war es
eigentlich immer so, daß die Kettfäden ein wenig aneinanderfilzten.
Das ist beim Jacobschaf gar nicht der Fall. Vielleicht ist es auch
mit einem engeren Webblatt anders (das probiere ich eventuell auch
noch mal aus). Aber im Moment bin ich von den Webeigenschaften dieser
Wolle einfach nur begeistert.
Es entsteht ein lockeres Gewebe, das
auf dem Rahmen schon recht durchscheinend aussieht. Aber ich möchte
für das Futter meines Halbkreismantels auch einen lockeren, nicht zu
schweren Stoff bekommen. Außerdem denke ich, daß die Löchlein
durch das anschließende Waschen noch kleiner werden. So weit bin ich
mit meiner Arbeit jedoch noch nicht.
Mein Fazit zur Verarbeitung der
Wolle vom Jacobschaf
Ich bin begeistert von diesem Material.
Schon das Spinnen geht leicht von der Hand und macht Spaß. Lediglich
das Herauszupfen der Grannenhaare ist etwas lästig, weil es mein
Spinntempo bremst. Das fertige Garn ist robust und kommt sogar
prächtig mit der Belastung als Kettfaden beim Weben zurecht. Es
fühlt sich mittelmäßig weich an und ist für das Innenfutter
meines Mantels gut geeignet. Ich kann mir vorstellen, daß es –
etwas fluffiger im langen Auszug versponnen – auch für einen
gestrickten Pulli oder eine Jacke gut verwendbar ist. Für mein
Vorhaben ist es die ideale Faser. Die Tatsache, daß sie von einer
sehr alten und auch noch immer bedrohten Schafrasse stammt, macht sie
für mein Mittelalterprojekt um so geeigneter. Ich freue mich darauf,
bald wieder weiter mit der Wolle vom Jacobschaf zu spinnen und zu
weben.
Quellen
Homepage des Jacob-Hof Speuß
Homepage von Wild Willows Jacobschafe
Homepage des Online-Versandhauses „DasWollschaf“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen