Montag, 4. Januar 2016

Schafwolle nimmt Gerüche kaum an – es ist wirklich so

Und diese Tatsache hat mich vor ein paar Tagen wieder einmal freudig erstaunt. Und das bei einem ungewollten Härtetest.

Neben meinem aktuellen Mittelalter-Gewandungs-Großprojekt habe ich im Winter auch begonnen, mir einen schönen Pulli aus handgesponnener Merinowolle zu stricken. Es wird wieder ein Raglan-Pullover, da ich mit dieser Stricktechnik für meine selbst gesponnenen Garne gut zurechtkomme Als nun der Rumpfteil meines Pullis so gut wie fertig war, mußte ich eines Abends feststellen, daß mein Kater anscheinend meinen Handarbeitskorb als Katzenklo mißverstanden hatte.


Raglan-Pulli aus handgesponnener Merinowolle in Arbeit

Mein Kater hat in den Handarbeitskorb gepieselt!
Alles, was in dem Korb war, stank nach „Katzenpiesel“, auch der Projektbeutel mit meinem halbfertigen Pullover! Nach dem Ärger kam die Panik. Beutel und andere Wolle, die in dem Handarbeitskorb lagen, konnte ich einigermaßen gut waschen. Aber was sollte ich mit meinem angefangenen Pulli tun, der ebenfalls das tolle Katzenklo-Aroma hatte? Wie würde sich ein Waschen auf das Teil auswirken? Mal abgesehen davon, daß sich Nicht-Superwash-Schafwolle sowieso nicht besonders für intensive Waschaktionen eignet. Das Maschenbild von dem fertigen Stück würde sich verändern. Ich würde mich bei den Ärmeln, die noch folgen sollen, nicht mehr am Rumpfteil orientieren können. Und dann waren natürlich auch noch die verschiedenen angefangenen Knäuele und die, die ich für das Fertigstricken noch benötigen würde, ebenfalls in dem verseuchten Projektbeutel. Sollte ich die Wolle noch einmal haspeln und vorsichtig waschen? O weh! Ich liebe meine Katzis über alles, aber an diesem Abend hatte ich wirklich genug.

Nach zwei Tagen Auslüften roch mein Merino-Strickzeug kaum noch
Ich wusch und reinigte den Korb und alles, was darin war, so gut ich konnte. Doch meinen angefangenen Pulli und die dazugehörende Wolle legte ich erst einmal zum Lüften aus. „Günstigerweise“ ist gerade Winter, und ich habe keine Möglichkeit, die Sachen im Freien auszulüften oder zu trocknen. Toll, wirklich genial!

Doch dann geschah das Wunder. Schon von Anfang an müffelte die gekaufte Sockenwolle und ein paar Reste Synthetikgarn, die in dem Korb gelegen hatten, intensiver als meine Schafwolle, die sowieso auch einen prägnanten Eigengeruch hat. Und nun, zwei Tage nach dem Malheur, muß ich an meinem Schafwoll-Strickzeug schon genau schnüffeln, um noch etwas von dem Katzenurin-Duft zu riechen!

Ich werde nun den Pulli erst einmal wie geplant fertig stricken. Und danach bekommt er, wie es sowieso vorgesehen war, ein ausgiebiges Bad. Und, wenn nötig, auch noch ein paar weitere. Ich hoffe, daß ich dann das gute Stück auch tragen kann, ohne in meiner Umgebung ein Katzenklo-Aroma zu verbreiten.

Spinn- und Webeigenschaften von Jacobschafwolle – ein Erfahrungsbericht

Vor Kurzem habe ich damit begonnen, für meinen mittelalterlichen Halbkreismantel ein Futter anzufertigen. Den Stoff dafür werde ich aus selbst gesponnener und verwebter Jacobschafwolle herstellen. Da ich bei diesen Arbeiten inzwischen immer begeisterter von dieser Wolle wurde, möchte ich sie hier nun etwas genauer beschreiben.


So sieht das Jacobschaf aus

Die mittelgroßen robusten Tiere fallen vor allem wegen ihrer eindrucksvollen Hörner auf. Den Kopfschmuck besitzen beide Geschlechter, wobei weibliche Tiere meist nur zwei Hörner bekommen, männliche eher vier bis manchmal auch sechs Stück. Jacobsschafe haben ein braun-weiß oder schwarz-weiß geflecktes Wollkleid. Zur farbreinen Weiterverarbeitung werden die unterschiedlichen Wollflocken nach der Schur farblich sortiert.


Geschichte der Jacobschafe

Bei diesen Tieren handelt es sich um eine sehr alte Schafrasse, deren Name auf den biblischen Jacob zurückgehen soll. Angeblich lebten bereits vor 4000 Jahren Vorfahren der Jacobschafe in China und Persien. Nomaden sollen einige der Tiere nach Afrika gebracht haben. Von dort gelangten sie dann durch maurische Eroberer bis nach Spanien.

Spanische Seefahrer nahmen im 16. Jahrhundert gern Jacobschafe als „lebendigen Essensvorrat“ mit auf ihre Schiffe. So gelangten auch in andere Regionen der damals bekannten Welt. Jacobschafe sollen auch 1588 an Bord der spanischen Armada gewesen sein, als diese vor der Englischen Küste unterging. Einige der Tiere, die es schafften, sich an Land zu retten, siedelten sich danach dort an.

Im Lauf der Zeit wurde die Population der Jacobschafe auf dem Europäischen Festland und auch auf der Britischen Insel immer kleiner, bis sie schließlich vom Aussterben bedroht waren. Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts fand die Rasse unter anderem auch in Deutschland genügend Liebhaber, die sich für deren Erhalt einsetzten. Jetzt hat sich die Anzahl der Jacobschafe wieder einigermaßen stabilisiert.


Spinneigenschaften der Jacobschafwolle

Für mein Projekt verwende ich braune Jacobschafwolle im Kammzug vom „Wollschaf“. Die Fasern besitzen eine Feinheit von 32 bis 34 Micron. Sie haben eine Stapellänge von 8 bis 9 cm. Laut Rassestandard sind etwa 7 bis 18 cm möglich. Die Spinnfasern fühlen sich griffig und weich an, sind aber etwas rauer als z. B. Merino. In dem dunklen Kammzug sind wenige weiße Grannenhaare und auch ein paar Reste von Gras deutlich sichtbar. Diese zupfe ich teilweise schon vor dem Spinnen oder auch währenddessen heraus. Das bremst die Verarbeitung ein wenig, finde ich aber nicht weiter schlimm.


Wolle vom Jacobschaf läßt sich gut verspinnen

Der Kammzug läßt sich gut verspinnen und ist auch für Anfänger gut geeignet. Man soll damit auch gut filzen können, das habe ich selbst aber noch nicht ausprobiert. Ich verspinne die Fasern im kurzen Auszug, da ich gern einen stabilen Faden bekommen möchte, der auch die Belastung als Kettfaden beim Weben aushält. Deswegen kettenverzwirne ich es auch anschließend noch zu einem dreifädigen Garn. Im Entspannungsbad zeigt sich, daß noch viel Staub in den Fasern ist, denn das Wasser verfärbt sich deutlich braun.

Durch das Bad flufft das Garn flufft noch ein gutes Stück auf. Im Ergebnis kann ich daraus einen Faden von etwa Fingering Weight herstellen. Da ich für mein Mega-Projekt (ca. anderthalb Kilo Fasern) meinen Schwerpunkt mehr auf Schnelligkeit als auf einen schönen Faden lege, hat mein Garn viele dickere und dünnere Stellen bekommen. Ich bin mir sicher, daß man auch einen wesentlich gleichmäßigeren Faden daraus spinnen kann, wenn man etwas sorgfältiger arbeitet, als ich es bis jetzt tat.


handgesponnenes Garn aus Jacobschafwolle


Wolle vom Jacobschaf verweben

Das ist der absolute Hammer! Ich hab schon andere handgesponnene Garne für meine Reenactment-Projekte verwebt (z. B. Merino vom Kammzug und Batt, Steinschaf), aber so toll wie das Jacobschaf war nichts davon. Ich webe auf meiner 80 cm breiten Kromski Harfe, die ich auch fast zur vollen Breite bespannt habe, mit einem 10 dpi (40 Fäden auf 10 cm) Webblatt.

Schon das Aufziehen der Kette verlief absolut problemlos. Und was mich besonders beeindruckt, ist die Tatsache, daß die Kettfäden der Beanspruchung durch den Webkamm super trotzen. Obwohl ich nicht zimperlich mit ihnen umgehe, zeigen sie so gut wie keine Abriebspuren! Und bis jetzt kam auch noch keine der dünneren Stellen meiner Kette auch nur in die Versuchung, zu reißen. In meinen bisherigen Webversuchen mit Schafwolle war es eigentlich immer so, daß die Kettfäden ein wenig aneinanderfilzten. Das ist beim Jacobschaf gar nicht der Fall. Vielleicht ist es auch mit einem engeren Webblatt anders (das probiere ich eventuell auch noch mal aus). Aber im Moment bin ich von den Webeigenschaften dieser Wolle einfach nur begeistert.

Es entsteht ein lockeres Gewebe, das auf dem Rahmen schon recht durchscheinend aussieht. Aber ich möchte für das Futter meines Halbkreismantels auch einen lockeren, nicht zu schweren Stoff bekommen. Außerdem denke ich, daß die Löchlein durch das anschließende Waschen noch kleiner werden. So weit bin ich mit meiner Arbeit jedoch noch nicht.

handgesponnene Wolle vom Jacobschaf eignet sich zum Weben


Mein Fazit zur Verarbeitung der Wolle vom Jacobschaf

Ich bin begeistert von diesem Material. Schon das Spinnen geht leicht von der Hand und macht Spaß. Lediglich das Herauszupfen der Grannenhaare ist etwas lästig, weil es mein Spinntempo bremst. Das fertige Garn ist robust und kommt sogar prächtig mit der Belastung als Kettfaden beim Weben zurecht. Es fühlt sich mittelmäßig weich an und ist für das Innenfutter meines Mantels gut geeignet. Ich kann mir vorstellen, daß es – etwas fluffiger im langen Auszug versponnen – auch für einen gestrickten Pulli oder eine Jacke gut verwendbar ist. Für mein Vorhaben ist es die ideale Faser. Die Tatsache, daß sie von einer sehr alten und auch noch immer bedrohten Schafrasse stammt, macht sie für mein Mittelalterprojekt um so geeigneter. Ich freue mich darauf, bald wieder weiter mit der Wolle vom Jacobschaf zu spinnen und zu weben. 


Quellen
Homepage des Jacob-Hof Speuß
Homepage des Online-Versandhauses „DasWollschaf“